Elternbrief zum Ferienanfang

PISA hat unsere Schulausbildung wach gerüttelt, aber auch Panik verursacht. Bundesweit wurden die Schulen reformiert - auch in Schleswig-Holstein. Real- und Hauptschulen sind abgeschafft, Regional-, Gemeinschaftsschulen und G8-Gymnasien gegründet worden. Es gibt zentrale Abschlussprüfungen und Evaluationen von jedem und allem. Ist damit alles gut geworden? Dieses kann ich nicht erkennen, und es muss - trotz aller Reformmüdigkeit - zumindest gesagt werden, wo es heute immer noch klemmt:

  1. SchülerInnen: Sie haben heute einen enormen Leistungsdruck und Angst um ihre Zukunft "Wer im Unterricht nicht mitkommt, hat die Zukunft bereits verloren". Die Klassen sind viel zu groß für gutes Lernen und eine individuelle Förderung. Die SchülerInnen lernen immer noch sehr viele Dinge, die sie im späteren Leben nicht brauchen und umgekehrt - sie lernen viele Dinge nicht, die sie eigentlich bräuchten.
  2. LehrerInnen: Auch wenn wir viel in die Schulgebäude investiert haben, es fehlt am wichtigstem - mehr LehrerInnen. Nach der Vorstellung der Großen Kieler Koalition sollen es sogar noch weniger werden. LehrerInnen werden durch Bürokratie und von oben diktierten Vorgaben in ein Korsett gezwängt, das Kreativität beim Lehrinhalt und Lehrstil nur noch unter erheblichen Mühen erlaubt. Viele LehrerInnen sind psychisch und auch physisch über ein gesundes Maß hinaus belastet.
  3. Eltern: Ohne Elternarbeit geht es an der Schule nicht mehr. Auch wenn viele es gerne machen und freiwillige Elternarbeit wichtig ist, so ist doch festzustellen, dass sie kostenlos in Bistros, bei Klassenrenovierungen oder Organisation von Veranstaltungen arbeiten. Neben der Arbeit an der Schule müssen sie auch noch "Nachhilfe-LehrerInnen" sein oder viel Geld für Nachhilfe bezahlen. Nicht alle Eltern haben die Zeit oder das Geld dafür. Die soziale Durchlässigkeit ist geringer geworden. Kinderarmut ist auch in Oldesloe eine traurige Realität. Arme Kinder können nicht an allen schulischen Veranstaltungen teilzunehmen (z.B. Klassenfahrten), alle wichtigen Lernmaterialien zu kaufen (z.B. Internet-Anschluss) oder sich bei Ganztagsschulbetrieb in der Mensa ein warmes Essen zu gönnen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass den SchülerInnen, den LehrerInnen und den Eltern in den letzten Jahren viel zugemutet worden ist. Auch wenn nach den letzten Reformen erst einmal Ruhe einkehren sollte, so darf nicht übersehen werden, dass es weiterhin erhebliche Defizite im Schulalltag gibt, die zu lösen sind. Wir können es uns nicht erlauben, auch nur ein Kind nicht die optimale Bildung zu geben. Wir brauchen kleinere Klassen, weniger Bürokratie und Kontrolle „aus Kiel", mehr finanzielle und inhaltliche Selbstverwaltung, moderne Räume und Ausstattungen, ein Entrümpeln der Lehrpläne, mehr Förderung von lernschwachen SchülerInnen und einkommensschwachen Eltern und nicht zuletzt klare Zukunftsperspektive für die SchülerInnen. Dieses ist unsere wichtigste Investition in die Zukunft, hier darf nicht gespart werden.

Aber ... nun erst einmal Ferien machen. Ich wünsche allen SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern erholsame Wochen, damit sie wieder genügend Energie und Lust für das nächste Schuljahr und für weitere Reformen im „Notstandsgebiet Schule" haben.

Gerold Rahmann

 

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