Laute Töne in der Agrarpolitik

Stormarner Tageblatt 9.9.2013

Der Bauernverband protestiert unsachlich und aggressiv gegen Grüne Landwirtschaftspolitik

Es ist Wahlkampfzeit, da ist der Ton meist etwas heftiger und populistischer. Grüne Wahlkampf-Aussagen zum „Drogendealer im Stall“, „Qualzuchten von Tieren“, „Massentierhaltung“ und der „Knickschutz“ haben den empfindlichen Nerv bestimmter Bauern getroffen.

Besonders der Bauernverband verlässt bei dieser Auseinandersetzung aber vermehrt die gute Sitte einer sachlichen Auseinandersetzung und ähnelt immer mehr dem Stil der von ihr selber beschimpften „Chaoten-Demonstrationen“. So wurde auf dem Kreisbauerntag im Frühjahr in Stormarn in einem geschmacklosen Kabarett über „Contergan-“ und „Dioxin-Opfer“, „Grüne“, „Umwelt-“, „Tierschützer“ und sonstige „Idioten“ weit unterhalb der Gürtellinie gelästert. Zur Wahlzeit wurde vor einigen Wochen in Lübeck bei dem Wahlkampfauftritt von Jürgen Trittin sogar so aggressiv demonstriert, dass Personenschutz erforderlich war und einige Gäste geflüchtet sind. Bei Besuchen von Veranstaltungen wird der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Robert Habeck mit Trillerpfeifen und Gebrüll an sachlichen Diskussionen gehindert.

Der Bauernverband vertritt aber längst nicht mehr alle Bauern, sondern nur noch eine bestimmte Gruppe, die durch grüne Politik ihre Pfründe gefährdet sieht. So sind zum Beispiel auch viele Bio-Betriebe Mitglieder im Bauernverband und schämen sich für die aggressive und mit falschen Argumenten geführte Stimmungsmache. Besonders der schleswig-holsteinische Bauernverband hat Angst vor einer Grünen Landwirtschaftspolitik in Berlin, nachdem Schleswig-Holstein und - mit seinen anderen Länderkollegen - auch der Bundesrat durch grüne Landwirtschaftspolitik dominiert wird.

Für einige Bauern mag die grüne Landwirtschaftspolitik vielleicht bedrohlich wirken, aber für die Gesellschaft und auch vielen Bauern ist diese längst überfällig. Schließlich werden in Deutschland viele Milliarden Euro an Bauern verteilt – besonders hoch sind die Hektarprämien in Schleswig-Holstein und kosten dem Steuerzahler bislang über 350 Millionen Euro pro Jahr - , was sich besonders bei großen Betrieben mit wenigen Arbeitskräften lohnt ohne das dafür viel getan werden muss. Das permanent gepredigte „Hungertuch“ der Bauernschaft ist durch die objektiven Wirtschaftlichkeitsanalysen besonders bei Großbetrieben widerlegt. Das für „öffentliches Geld“ auch „öffentliche Leistungen“ erwartet werden können, ist selbsdt für die mit Steuergeldern reich gemachten Bauern nicht selbstverständlich sondern wird als Zumutung verstanden. So wird der neue gesetzliche Knickschutz - eindeutig im öffentlichen Interesse und mit öffentlichen Geldern gefördert - als Enteignung bezeichnet. Der Bauernverband redet von 5.500 Hektar enteignete Fläche, belegt diese nicht nachvollziehbare Zahl aber nicht.

Auch in Stormarn sind noch Knicks vorhanden, und nicht der Vergrößerung der landwirtschaftlichen Flächen zum Opfer gefallen sind. Sie sind für die Natur und auch für das Landschaftsbild – so bewirbt der Kreis die Knicks für Touristen - wertvoll und deswegen seit 1973 gesetzlich geschützt. Ein Knickerlass hat die Pflege geregelt. Nachdem dieser 2007 aufgehoben wurde, muss festgestellt werden, dass dieses falsch war, wie jeder seitdem feststellen kann: große alte Bäume werden gefällt, viele Knicks sehen wie schmale Spaliere aus und es wird am Knickfuss so dicht herangepfügt, gedrillt und gespritzt, dass er seine Funktionen als Biotop und landschaftsprägendes Element verliert.

Der seit Juli gültige neue Knickerlass aus Kiel muss auch in Stormarn umgesetzt und kontrolliert werden. Der Kreis ist dafür zuständig. Es ist zu hoffen, dass unsere SachbearbeiterInnen nicht in gleicher Art und Weise wie grüne Politiker unsachlichen und aggressiven Aktionen der Bauern ausgesetzt sind, wenn sie Missachtungen feststellen und Ordnungsstrafen verhängen müssen. Das haben sie nicht verdient und benötigen unseren Respekt und Akzeptanz. Der Knickschutz ist nun wieder gesetzlich geregelt – sogar schwächer als noch der alte Knickerlass - und muss auch von den Bauern ausserhalb des politischen Spektakels respektiert werden, genauso wie alle Gesetze von allen Bürgern - vielleicht nicht akzeptiert, aber dennoch - eingehalten werden müssen.

Gerold Rahmann

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