Die Einen fällen Entscheidungen, die Anderen Bäume

Stormarner Tageblatt, Lübecker Nachrichten. MARKT, alle am 5.12.2009

  • Andere Personen und Dinge wertschätzen
  • Regeln lernen
  • Konflikte erleben und zu Lösungen kommen

Das sind einige der Erziehungsprinzipien des Kindergartens Am Moordamm'in Bad Oldesloe.

Zum erste Punkt Andere Dinge wertschätzen: dazu gehören auch Bäume. Bäume sind Lebewesen mit einer besonderen Behinderung: Sie können nicht weglaufen, wenn böse Menschen mit ihren Sägen ihnen das Leben nehmen wollen. Deshalb gibt es Regeln, die besagen, die Fällung von landschaftsbild- und ortsbild-prägenden Einzelbäumen oder Baumgruppen ist grundsätzlich verboten. Ob ein derartiger Eingriff vorliegt, wird durch die untere Naturschutzbehörde festgestellt. Anhaltspunkt für die Beurteilung von Bäumen ist die Dicke des Baumes (ab 50 cm Durchmesser) gemessen in 1 m Höhe. Nun kann man eventuell über den Begriff der Ortsbildprägung streiten, aber die mehrstöckige Häuser überragenden Bäume am Moordamm sind sicherlich Ortsbild prägend - und dick genug sind sie alle mal! Damit aber erst gar keine Zweifel in dieser Hinsicht aufkommen können, hatte der Bau- und Planungsausschuss der Stadt einstimmig beschlossen, dass die Bäume auf dem städtischen Gelände des Moordammes, das dem Neubau des Kindergartens Heimat geben wird, möglichst erhalten bleiben sollen - auch das eine Regel.

Doch was sehen wir nun tagtäglich: Nicht etwa nur einer, nein alle Bäume, gesund und kraftstrotzend, wie die makellosen Schnittflächen zeigen, werden dahin gemetzelt - vor den Augen der darob entsetzten Kinder-Garten-Kinder. Welch eine Erziehungskatastrophe!

 

Wie konnte es dazu kommen? Silke Malessa, die Leiterin des Kindergartens: „Der Architekt, Herr Klinck, hat gesagt, das Wurzelwerk der Bäume würde die Bodenplatte des Neubaues stören". Herr Michael Klinck nennt uns da ganz andere Gründe: „Schauen Sie sich doch mal die Bäume an, die sind doch schlecht gewachsen, total verwildert, die hätte man beschneiden müssen. Außerdem haben wir nicht genügend Platz zum Bauen!". Die Baupläne, die dem Bau-Ausschuss vorgelegt wurden, können allerdings diese Aussage überhaupt nicht stützen.

Was sagt die untere Naturschutzbehörde zu den Gründen? Herr A. Rohde vom Fachdienst 61 ‚Naturschutz' des Kreises Stormarn: „Es gab bei einigen Bäumen eingerissene Gabelungen, das könnte später zu Ausfäulungen führen und die Äste könnten abbrechen". Auf unseren Vorhalt hin, man könne ja die gefährdeten Äste absägen und die Schnittfläche versiegeln, bezweifelte er die langfristige Wirksamkeit. Nun ja, langfristig stirbt jedes Lebewesen. Kann man es nicht wenigsten so lange leben lassen? „Ich habe nur Empfehlungen gegeben" versucht sich Herr Rohde herauszureden.

 

Was meint denn das Stadtbauamt, das ja die Beschlüsse des Bauausschusses umsetzen muss? Frau Külper (Baumbeauftragte im Bauamt) kennt am 26.11. weder den Antifällungsbeschluss noch weiß sie was von Baumfällungen am Moordamm. Das Foto von den Baumfällungen wurde übrigens eine Woche später geschossen, da wurde immer noch eifrig gesägt. Doch wer hat denn dann bloß den Auftrag gegeben?

Wir fragen am 2. Dezember die Vorsitzende des Vereins Kindergruppe Moordamm e.V., Frau Peters. Sie ist schon bestens über unsere laufenden Recherchen informiert und gut vorbereitet: „Ja ich habe vor 2-3 Wochen der Firma Schnauer den Auftrag gegeben, die Bäume abzusägen, aber sie hat viel mehr Bäume gefällt, als in ihrem Angebot angegeben war. Ich hatte darauf vertraut, dass der Architekt Klinck es in Absprache mit der Stadt regelt. Ich war ja in Ihrer Bau-Ausschuss-Stzung dabei und weiß von dem Beschluss, die Bäume zu erhalten. Ich hätte Herrn Klinck wohl auch selbst darauf hinweisen müssen. Das habe ich versäumt." Unsere letzte Frage an Frau Peters: „Durften Sie überhaupt schon solche Anweisungen geben? Waren Sie denn schon im Besitz des Grundstückes, also hatten Sie denn den Vertrag mit der Stadt bereits unterschrieben?" Peters: „Nein, den Vertrag unterschreiben wir erst morgen"

‚Konflikte erleben und zu Lösungen kommen' war das auf keinen Fall, Frau Peters, sondern Konflikten ausweichen durch widerrechtliches Handeln und Lösungen erzwingen, bevor andere eingreifen können. Na Kinder, war das nicht eine fabelhafte Lehrstunde über vorbildliches Verhalten der Erwachsenen?

Maria Herrmann (Vorsitzende des Bau- und Planungsausschusses, SPD)
Hartmut Jokisch (Mitglied in diesem Ausschuss, Bündis90 / Die Grünen)

 

Bild 1:Glatter Schnitt gemacht, 1.12.2009 am Moordamm, Bad Oldesloe

Bild 2: Baumfällen am Moordamm 1.12.2009.
im Hintergrund das Haus mit dem Regenbogen und den Kindern hinter der Glastür: Kindergruppe Moordamm e.V. der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde

 

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