Bürger bestimmen Budget

MARKT 23.2.2011

Monika Heinold, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, berichtete im Historischen Rathaus von Bad Oldesloe über eine neue, interessante Form der Bürgerbeteiligung an der Kommunalpolitik - dem Bürgerhaushalt.

Diese neue Form "direkter Demokratie" gibt es bereits in 70 Städten der Bundesrepublik, wird aber auch schon  weltweit angewandt. Heinold beschränkte sich auf das Beispiel der Stadt Potsdam, dass den Bürgerhaushalt bereits seit 2005 durchführt. Gleich zu Beginn machte sie deutlich, dass die Bürger nicht etwa über den gesamten städtischen Haushalt abstimmen, dann bräuchte man ja die gewählten Vertreter der Bürger gar nicht mehr.

Es werden hauptsächlich Bereiche der sogenannten freiwilligen Lesitungen der öffentlichen Diskussion und Abstimmung zugänglich gemacht.

Dazu gehören kulturellen Leistungen wie z.B.  Museen, Bibliotheken und Bürgerhäuser, aber auch Öffentlicher Nahverkehr, Sportförderung, Jugendsozialarbeit, Grünflächenpflege und Abfallentsorgung.

Zur Teilnahme am Bürgerhaushalt sind alle Potsdamer Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Ihrem Alter berechtigt. Lediglich für Abstimmungen wurde ein Mindestalter von 14 Jahren festgelegt. Nach einer Bürgerversammlung, in der das Verfahren vorgestellt wird, haben alle Interessierten die Möglichkeit sich via Internet, Fragebögen und Bürgerversammlung an der Haushatsdiskussion zu beteiligen. Die Abstimmung erfolgt über drei parallele Wege per Punktesystem. Jeder Beteiligte kann auf einer von drei Listen (Internet, Fragebögen und Bürgerversammlung) insgesamt fünf Punkte auf eines oder mehrere der zur Debatte stehenden Themen verteilen. Nach Abschluss des Verfahrens werden die Punktewertungen aller drei Listen miteinander abgeglichen und zusammen gefaßt. Dies führt ein Gremium durch, dass sich aus 4 durch Los ermittelte Bürger(inne)n, 4 Stadtverordneten, 4 Vertretern aus der Verwaltung und 3 Projektleitern zusammensetzt.
Die Projekte, die sich als wichtigste herausstellen, müssen formal noch die Stadtverordnetenversammlung passieren.

Die 6 Spitzenprojekte sahen in Potsdam für 2010 z.B. so aus: Archiv erhalten - Rollsportfeld sanieren - Sechserkarten für Busse - Radwegenetz erweitern - Fahrkarten für Schüler verbilligen - Stadt auf Ökostrom umstellen.

In der Diskussion mit der Referentin äußerten sich die Stormarner Bürgerinnen und Bürger sehr unterschiedlich zu dem "Potsdamer Modell" des Bürgerhaushalts. Positiv wurden die Partizipationsmöglichkeiten und die Transparenz des Verfahrens gesehen, Bedenken kamen beim Kosten-Nutzen-Verhältnis auf (in Potsdam kostet der Bürgerhaushalt etwa 50 Cent pro Bürger). Beim Abstimmungsverfahren sollten Verbesserungen durchgeführt werden, um Mehrfachabstimmungen zu vermeiden. Alles in allem erschien den Stormarnern aber die Idee des Bürgerhaushalts auf jeden Fall eine bedenkenswerte Möglichkeit, gegen Politikverdrossenheit der Bürger anzugehen.
Monika Heinold "Die Verwaltung war ursprünglich überhaupt nicht begeistert von diesem Modell - die jahrelange Erfahrung in der engen Zusammenarbeit mit den Bürgern hat aber gezeigt, dass die gegenseitige Wertschätzung sehr stark gestiegen ist!"

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