Geschichte der Machtergreifung am Beispiel Kiels

Die Folgen des Handelns Paul von Hindenburgs in Berlin auf das Geschehen in Kiel

 

Die Rechercheergebnisse des Kieler Stadtarchivs über die Folgen des Handelns Paul von Hindenburgs in Berlin auf die Geschehnisse in Kiel werden hier in Form einer Chronik dargestellt:

20. Juli 1932: Reichskanzler von Papen wird durch Präsidialverordnung zum Reichskommissar für Preußen ernannt (sogenannter Preußenschlag). Damit wird die dort noch legal im Amt befindliche sozialdemokratisch geführte Regierung Braun entmachtet.

 

Folgen in Kiel:

Führende Amtsträger aus der Sozialdemokratie werden durch national-konservative Amtsträger ersetzt: Oberpräsident Heinrich Kürbis durch Heinrich Thun, Regierungspräsident Dr. Walter Abegg durch Anton Wallroth und der Kieler Polizeipräsident Karl Dietrich durch Otto zu Rantzau.

Die national-konservativen Amtsträger bereiten der nationalsozialistischen Machtübernahme den Weg. Der neue Kieler Polizeipräsident lässt gezielt Materialien über die Kieler KPD und SPD sammeln, die ihm einen schnellen polizeilichen Zugriff auf die Arbeiterparteien ermöglichen sollen.

 

 

30. Januar 1933: Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.

4. Februar 1933: Paul von Hindenburg erlässt die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes“

(Anlage 1 b, Inhalt: Weitgehende Einschränkung der Presse- und Versammlungsfreiheit.)

 

Folgen in Kiel:

5. Februar 1933: Verhaftungswelle gegen die politischen Kader der Kieler KPD, darunter Christian Heuck, der am 23.2.1934 im Strafgefängnis Neumünster  ermordet wurde.

15. Februar 1933: Verbot der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung (Zeitung der SPD). Sie wurde am 28.2.1933 endgültig verboten.

27. Februar 1933: Telegramm des Sozialdemokraten und Redakteurs der Volkszeitung Kurt Wurbs an Paul von Hindenburg: "In Schleswig-Holstein mehren sich seit Tagen planmäßig organisierte Überfälle von Nationalsozialisten auf wehrlose Republikaner (…) Wir bitten Herrn Reichspräsidenten um Eingreifen, da erzwungene Notwehr zu schweren Unruhen führen muss. Schützen Sie Herr Reichspräsident Ihre Wähler…".

 

 

28. Februar 1933: Paul von Hindenburg erlässt die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ (sog. Reichstagsbrandverordnung). Damit werden durch die Verfassung garantierte Grundrechte außer Kraft gesetzt und es werden Eingriffsmöglichkeiten der Zentralregierung in die Regierungen der Länder geschaffen.

 

Folgen in Kiel:

28.2.1933: Es gibt eine zweite Verhaftungswelle gegen Kieler Kommunisten und gleichzeitig massive Behinderungen der demokratischen Parteien im Reichstagswahlkampf (zum 5.3.1933) und im Kommunalwahlkampf (zum 12.3.1933).

2.3.1933: Erste Durchsuchung und Besetzung des Kieler Gewerkschaftshauses, es werden von 32 Personen verhaftet.

10.3.1933: Einsetzung des NSDAP-Kreisleiters Walter Behrens als Staatskommissar für den Oberbürgermeister und den Magistrat in Kiel. Am Abend findet eine Großkundgebung der Kieler NSDAP mit den Rednern Walter Behrens und Wilhelm Sievers statt.

11.3.1933: Behrens betritt mit SA-Formationen das Rathaus und übernimmt als Staatskommissar die Verwaltungsführung.

11.3./12.3.1933: Ermordung des sozialdemokratischen Rechtsanwalts Wilhelm Spiegel in seiner Wohnung.

12.3.1933: Die Kommunalwahlen bringen nach den massiven Eingriffen in den Wahlkampf eine Mehrheit für die NSDAP, gemeinsam mit national-konservativen Parteien.

13.3.1933: Das Gewerkschaftshaus in Kiel wird erneut besetzt. Die Wohnungen führender Sozialdemokraten und sämtlicher Stadträte werden durchsucht. Die führenden Sozialdemokraten Stadtrat Wilhelm Schweitzer und Karl Ratz, sowie fünf Funktionäre der KPD werden verhaftet und später ins KZ Oranienburg gebracht.

 

 

23. März 1933: Ermächtigungsgesetz:

Das Ermächtigungsgesetz entmachtet den Reichstag, der zum reinen Akklamationsorgan wird. Es entmachtet auch den Reichspräsidenten selbst, da seine Notverordnungsvollmachten nun nicht mehr benötigt wurden.

zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>